Aarhus-Konvention (AK) – Erstes VwGH-Erkenntnis nach EuGH „Protect“

  • 2018-03-16T13:45:00+01:00

Nach dem EuGH-Urteil „Protect“ räumt der VwGH anerkannten Umweltorganisationen (UO) auch das Recht ein, aktiv Anträge gegen eine behauptete Untätigkeit von Behörden zur Erlassung unionsrechtlich gebotener Umwelt-Maßnahmen zu stellen.

Dem Erkenntnis des VwGH (VwGH 19.2.2018, Ra 2015/07/0074) lag ein im Jahr 2014 gestellter Antrag einer anerkannten UO an den LH von Salzburg auf Erlassung diverser Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Immissionsgrenzwerte für NO2 zugrunde. Dieser Antrag wurde (in Anerkennung der grundsätzlichen Antragslegitimation gemäß Art. 9 Abs. 3 AK) als unbegründet abgewiesen. Das LVwG Salzburg gab der Beschwerde der UO keine Folge und sprach aus, dass der ursprüngliche Antrag der UO als unzulässig zurückgewiesen werde.

 Dazu führte der VwGH aus:

  • Ungeachtet der Ausführungen des LVwG, wonach selbst bei inhaltlicher Beurteilung eine Unterlassung oder Handlung, die gegen umweltbezogenes innerstaatliches Recht verstoße, nicht zu erkennen sei, wurde vom LVwG der Antrag der UO als unzulässig zurückgewiesen. Es wurde ihr damit die Legitimation zur Stellung eines Antrages auf Erlassung der beantragten Maßnahmen nicht zuerkannt. Zu prüfen war daher, ob die Zurückweisung des Antrages rechtskonform war.
  • Beim ursprünglichen Antrag der UO handelt es sich nicht um die Anfechtung einer am Ende eines Verwaltungsverfahrens ergangenen Entscheidung, sondern um die Geltendmachung einer behördlichen „Unterlassung“ iSd Art. 9 Abs. 3 AK. Die in der Judikatur des EuGH dargelegten Grundsätze sind auch im vorliegenden Fall maßgeblich.
  • Konkrete Vorschriften des innerstaatlichen Rechts, die den vom EuGH beschriebenen Gestaltungsspielraum des nationalen Gesetzgebers iZm Art. 9 Abs. 3 AK ausübten, bestehen hinsichtlich der hier einschlägigen Normen des Luftqualitätsrechts nicht. Nach der Judikatur des EuGH sind UO, sofern sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen, grundsätzlich legitimiert, einen Antrag wie den Verfahrenseinleitenden zu stellen.
  • Eine Legitimation zur Stellung eines solchen Antrages wird man nur für jene gemäß § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannten UO annehmen können, die sich für den Umweltschutz einsetzen und deren Tätigkeit sich inhaltlich und räumlich auf den „Schutz des Allgemeininteresses“ iSd Judikatur des EuGH (hier: auf die Reduzierung der Luftverschmutzung und damit den Schutz der öffentlichen Gesundheit, konkret iZm der Einhaltung der für NO2 festgelegten Immissionsgrenzwerte im Bundesland Salzburg) bezieht.
  • Auch der Umstand, dass Maßnahmen auf Grundlage von Luftqualitätsplänen nach der österreichischen Rechtsordnung in Form einer Verordnung ergehen und grundsätzlich weder ein Antragsrecht noch ein einheitliches Verfahrensrecht hinsichtlich einer Verordnungserlassung besteht, ist keine Rechtfertigung für die Versagung des unionsrechtlich gebotenen Anspruchs. Vielmehr sind die österreichischen Behörden und Gerichte gefordert, für effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu sorgen.

Mag. Paul Reichel

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