Neues aus Luxemburg zur Alternativenprüfung

  • 2018-11-13T08:35:00+01:00

Im Unionsrecht wird das in Österreich als Alternativenprüfung bekannte Instrument mit der Prüfung der „wichtigsten anderweitigen Lösungsmöglichkeiten“ umschrieben. So auch in der FFH- und in der UVP-Richtlinie. Fallkonkret hat sich nunmehr der EuGH mit Art. 5 Abs. 3 lit d der UVP-Richtlinie befasst, welche vorsieht, dass von einem Projektwerber im Rahmen der Antragsunterlagen unter anderem eine Übersicht über die wichtigsten anderweitigen vom Projektträger geprüften Lösungsmöglichkeiten und eine Angabe der wesentlichen Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen zu enthalten haben.

Im Anlassfall, welcher in Irland spielt, wurde 2013 der Antrag auf Genehmigung für ein Straßenbauprojekt durch zwei Natura-2000-Gebiete gestellt. Bereits in einem recht frühen Projektstadium wurde offensichtlich als Alternative zu einer „klassischen“ Verlegung einer Straße auch eine „Überspannung“ durch Brückenbauwerke als eine mögliche Option geprüft, die wohl die Natura-2000-Gebiete anders berührt hätte, als das letztlich zur Genehmigung eingereichte Projekt. Die Projektwerberin hat diese Option aber „in einem frühem Stadium“ zugunsten einer „kostengünstigeren Lösung“ verworfen und auch die Umweltauswirkungen dieser verworfenen Alternative nicht ausdrücklich untersucht bzw. in die Antragsunterlagen einfließen lassen. Das vorlegende Gericht stellte – neben zahlreichen anderen – daher dem Europäischen Gerichtshof die Vorlagefrage(n), ob eine von einem Projektwerber bei der Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Erstellung der Antragsunterlagen in Betracht gezogene und erörterte Alternativen selbst dann eine „der wichtigsten anderweitigen Lösungsmöglichkeiten“ im Sinne von Art. 5 Abs. 3 lit d der UVP-Richtlinie anzusehen ist, wenn sie die Projektwerberin in einem frühen Stadium verworfen hat. 

Wenig überraschend bejahte dies der EuGH unter Heranziehung des Zwecks der UVP-Richtlinie, dass ganz allgemein Umweltauswirkungen eines Projektes identifiziert, beschrieben und bewertet werden müssen. Die in Art. 5 UVP-Richtlinie und in Anhang IV näher spezifizierten Angaben sollen dabei der Behörde eben erst ermöglichen, die Umweltverträglichkeit des beantragten Vorhabens zu untersuchen. Wenn es daher heißt, dass die Projektwerber zumindest eine Übersicht über die wichtigsten anderweitigen geprüften Lösungsmöglichkeiten und Angaben der wesentlichen Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen vorzulegen haben, dann folgt daraus – so der EuGH weiter –, dass es dem Projektwerber obliegt, den zuständigen Behörden eine Übersicht über die wichtigsten anderweitigen von ihm geprüften Lösungsmöglichkeiten sowie die Angaben der wesentlichen Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen vorzulegen. Daher ist davon auszugehen, dass die Bestimmung des Art. 5 Abs. 3 lit d der UVP-Richtlinie nicht verlangt, dass die wichtigsten geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten einer Umweltverträglichkeitsprüfung auch einer solchen wie für das gewählte Projekt selbst unterzogen werden müssen. Allerdings hat der Projektwerber zumindest im Hinblick auf die jeweiligen Umweltauswirkungen seine Auswahlgründe anzugeben, da die Skizzierung der wichtigsten anderweitigen Lösungsmöglichkeiten vor allem bezweckt, dass die Behörde die Auswahl des schlussendlich zur Genehmigung eingereichten Vorhabens überprüfen kann. Diese Überprüfungsmöglichkeit ergibt sich eben erst aus der Begründung der Auswahl der wichtigsten geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten.

Umgelegt auf das österreichische UVP-Regime ist daher wohl die Schlussfolgerung zu ziehen, dass in einem frühen Projektierungsstadium verworfene Alternativen jedenfalls auch dann (begründet) anzugeben sind, wenn sie in eben diesem frühen Projektierungsstadium bereits verworfen würden. Im Umkehrschluss könnte man nun freilich auch ableiten, dass bereits frühzeitig verworfene Alternativen eben keine der wichtigsten anderweitigen Lösungsmöglichkeiten sind, da sie in einem Projektierungsstadium bereits verworfen wurden, ohne dass man sie näher geprüft hat. Mit anderen Worten: Frühzeitig und eben nicht ausreichend geprüfte Alternativen sollten daher in den UVP-Einreichunterlagen tunlichst nicht einmal erwähnt werden, was jedenfalls dann zulässig sein muss, wenn es sich dabei nicht um eine der wichtigsten Alternativen handelt.

 

Dr. Peter Sander (NHP-Wien)

Beitrag am Umweltrechtsblog: www.umweltrechtsblog.at/blog/blogdetail.html?newsID=%7B5F658E75-E6D6-11E8-B191-309C23AC5997%7D